Das Landgericht (LG) München I hat eine richtungsweisende Entscheidung
getroffen – zumindest für Münchner Mieter: Vermieter könnten eine
Mieterhöhung über die Werte des Mietspiegels hinaus nicht damit
begründen, dass die Inflation angestiegen und somit ein so genannter
Stichtagszuschlag angemessen sei.
Eine Münchner Vermieterin wollte die Miete erhöhen und begehrte dafür
die Zustimmung ihrer Mieter. Wegen der derzeit hohen Inflation forderte
sie dabei einen Zuschlag zu den Mietwerten des Mietspiegels
2023. Es liege eine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete
vor, die in der Zeit zwischen der Datenerhebung zum Mietspiegel
und dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens eingetreten sei.
Zwar könne ein Gericht einen Stichtagszuschlag vornehmen, wenn ihm
dies zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete angemessen
erscheint. Dabei habe das Tatgericht einen weiten Beurteilungsspielraum.
Diesen habe hier das Amtsgericht München – die Vorinstanz –
aber eingehalten. Insbesondere habe es eine ungewöhnliche Steigerung
der ortsüblichen Vergleichsmiete zutreffend verneint: Ein Anstieg nach
dem Index für Nettokaltmieten in Bayern von nur wenig mehr als drei
Prozent bedeute keinen außergewöhnlichen Mietanstieg.
Aber auch ganz generell lasse sich eine „ungewöhnliche Steigerung der
ortsüblichen Vergleichsmiete“ über den Mietspiegel hinaus nicht mit einem
Anstieg des Verbrauchpreisindex begründen. Beim Berechnen des
Verbraucherpreisindex beziehungsweise der Inflationsrate werde ein so
genannter Warenkorb verwendet, der rund 700 Güterarten umfasst und
sämtliche von privaten Haushalten in Deutschland gekauften Waren und
Dienstleistungen repräsentiert. Dem Verbraucherpreisindex könne damit
für den spezifischen Anstieg der Wohnungsmieten und erst recht für
die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete keine belastbare Aussage
entnommen werden, so das LG.
Zudem würde die Einführung einer „Stichtagspraxis“ zu erheblichen
Rechtsunsicherheiten führen, die die bedeutsame Befriedungsfunktion
des Mietspiegels gerade in angespannten Mietmärkten gefährden könnte,
fährt das LG fort. Auf seinen Hinweisbeschluss hat die Vermieterin ihre
Berufung zurückgenommen.
Landgericht München I, Beschluss vom 17.07.2024, 14 S 3692/24
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