Unterbringung in Pflege-WG: Kosten als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

Aufwendungen für die krankheits-, pflege- und behinderungsbedingte
Unterbringung in einer dem jeweiligen Landesrecht unterliegenden Pflegewohngemeinschaft
sind steuermindernd als außergewöhnliche Belastung
zu berücksichtigen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Der schwerbehinderte und pflegebedürftige Kläger wohnte gemeinsam
mit anderen pflegebedürftigen Menschen in einer Pflegewohngemeinschaft,
deren Errichtung und Unterhaltung dem Wohn- und Teilhabegesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen unterfiel. Dort wurde er rund um
die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst und Ergänzungskräften betreut,
gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt.
Die Aufwendungen für die Unterbringung (Kost und Logis) in der Pflegewohngemeinschaft
machte er als außergewöhnliche Belastung gemäß §
33 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend. Das Finanzamt lehnte dies
ab: Die Aufwendungen seien nur bei einer vollstationären Heimunterbringung
abzugsfähig.
Das Finanzgericht und ebenso der BFH beurteilten den Sachverhalt anders.
Der BFH stellte klar, dass Aufwendungen für die krankheits- oder
pflegebedingte Unterbringung in einer dafür vorgesehenen Einrichtung
grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien. Dies
gelte nicht nur für Kosten der Unterbringung in einem Heim im Sinne
des § 1 Heimgesetz, sondern auch für Kosten der Unterbringung in einer
Pflegewohngemeinschaft, die dem jeweiligen Landesrecht unterfällt.
Ausschlaggebend sei allein, dass die Pflegewohngemeinschaft ebenso
wie das Heim zuvörderst dem Zweck diene, ältere oder pflegebedürftige
Menschen oder Menschen mit Behinderung aufzunehmen und ihnen
Wohnraum zu überlassen, in dem die notwendigen Betreuungs-, Pflegeund
Versorgungsleistungen erbracht werden.
Die Abzugsfähigkeit der Unterbringungskosten knüpfe nicht daran an,
dass dem Steuerpflichtigen -wie bei der vollstationären Heimunterbringung-
Wohnraum und Betreuungsleistungen „aus einer Hand“ zur Verfügung
gestellt würden. Ausreichend sei, wenn er – wie im Streitfall – als
(Mit )Bewohner einer Pflegewohngemeinschaft neben der Wohnraumüberlassung
von einem oder mehreren externen (ambulanten) Leistungsanbietern
(gemeinschaftlich organisiert) Betreuungs-, Pflege- und
Versorgungsleistungen in diesen Räumlichkeiten beziehe.
Allerdings seien auch krankheits- oder pflegebedingt anfallende Kosten
nur insoweit abzugsfähig, als sie zusätzlich zu den Kosten der normalen
Lebensführung anfallen. Deshalb seien die tatsächlich angefallenen Unterbringungskosten
um eine so genannte Haushaltsersparnis zu kürzen
gewesen. Deren Höhe bestimmt der BFH im Wege der Schätzung nach
dem steuerlich abziehbaren Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger
Personen. Im Streitjahr 2016 waren dies 8.652 Euro.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.08.2023, VI R 40/20

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